Wie Sie Menschen Manipulieren

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Vor einigen Wochen war ich abends auf einem Gründertreffen am schönen Chiemsee. Nach einer Führung durch das frisch gebaute Coworking-Space und etwas Small Talk wechselten wir zu einer strukturierten Agenda, bei der wir in Gruppen eingeteilt wurden. In meiner ersten Gruppe saß ich mit einem Geschichtenerzähler, zwei Gründerinnen aus der Gesundheitsbranche und einem frisch selbstständigen Linux-Administrator zusammen.

Letzterer hatte vor lauter Frustration seinen alten Job gekündigt. Während er über Oracle-Datenbanken, diverse Open-Source-Software und Pass-the-Hash-Angriffe sprach, beklagte er sich über fehlende Anerkennung für seinen Einsatz. Zudem warf er mir vor, ich hätte mich falsch vorgestellt – ich sei schließlich kein „Hacker“, sondern ein „Penetrationstester“. Wie du dir vorstellen kannst, hätte er mit seinem Fachjargon genauso gut Chinesisch reden können – die meisten im Raum haben es nicht verstanden. Etwa eine halbe Stunde später – sein Frustrationslevel hatte keine Abkühlung gefunden – verließ er die Veranstaltung vorzeitig mit der Ankündigung, alles hinschmeißen zu wollen.

Nun, was hätte der gute Administrator besser machen können?
Während er sich 25 Jahre lang durch Codezeilen wühlte, Netzwerke aufbaute und die sichere Kommunikation innerhalb dieser gewährleistete, hatte er vergessen, sich mit der menschlichen Kommunikation zu beschäftigen.

Vielleicht denkst du jetzt: „War ja auch nicht seine Aufgabe.“
Doch genau das ist der Punkt. Der amerikanische Kommunikationstrainer Dale Carnegie schrieb, dass 85 % des Erfolgs im Leben durch Kommunikation erzielt werden – und nur 15 % durch technische Fähigkeiten.

Im Bereich Cybercrime zeigt sich das deutlich: Hackergruppen gewinnen ihren initialen Zugang in interne Netzwerke zum Großteil über Phishing-Angriffe – und weniger über technische Schwachstellen. „Der Mensch ist die größte Schwachstelle“, hört man oft in IT-Sicherheitskreisen.

Wie also bekommst du von Menschen das, was du verdienst oder willst? Wie erkennen deine Mitmenschen deine Einzigartigkeit an – und wie verhinderst du, dass es dir so ergeht wie dem armen Administrator, der so gerne von seinem ehemaligen Chef die verdiente Wertschätzung für all seine Leistungen bekommen hätte.

Bevor ich ins Detail gehe – hier die kompakte Lösung für dich: Was du von deinen Mitmenschen erwartest, musst du ihnen zuerst geben.

Hinweis 1: Rede nicht negativ über andere – niemals!

Das ist die wichtigste Regel: Du redest niemals schlecht über andere. Dabei ist es egal, ob die Person, über die gesprochen wird, anwesend ist oder nicht. Du erzählst keine Witze auf Kosten anderer, keine Sticheleien, keine abfälligen Bemerkungen, du übst keine destruktive Kritik und verurteilst niemanden.

Das bedeutet nicht, dass du Dinge schönreden oder harte Wahrheiten verschweigen sollst. Aber negativ über andere zu sprechen, ist der effektivste Weg, eine Mauer zwischen euch zu bauen.

Hinweis 2: Sag nicht „Das ist falsch“

Wir alle kennen Talkshows: Rechts vs. Links, Feminismus vs. Maskulinismus, Tierschützer vs. Tierindustrie. Beide Parteien sitzen sich gegenüber und versuchen, ihr Weltbild durchzusetzen – aber noch nie ist eine Gegenpartei aufgestanden und hat zugegeben: „Du hast recht, ich lag falsch.“

Im Vertrieb fällt mir hierzu der passende Spruch ein: „Du kannst argumentieren oder verkaufen – beides geht nicht.“ Wir Menschen sind emotionale und weniger logische Wesen, und wenn unsere Überzeugungen angegriffen werden, dann auch gleichzeitig unsere Identität.

Nehmen wir also an, dir erzählt jemand, die Erde sei keine Kugel, sondern eine Scheibe – und du möchtest ihn vom Gegenteil überzeugen. Beginne nicht mit Widerspruch. Räume stattdessen die Möglichkeit ein, dass du selbst falsch liegen könntest, und lass den anderen glauben, dass dir seine Sichtweise genauso wichtig ist wie deine eigene.

Anschließend ermittelst du den kleinsten gemeinsamen Nenner – also einen Standpunkt, den ihr beide teilt. So wird aus „du gegen mich“ ein „wir“. Von diesem Punkt aus kannst du mit Logik weiterarbeiten und versuchen, dein Gegenüber auf deine Seite zu ziehen – stelle hierbei lieber Fragen als Aussagen.

Hinweis 3: Lasse deine Mitmenschen glänzen

Kommen wir zu den „To-dos“. Die Regel ist einfach: Was du in Hinweis 1 vermeiden sollst, kehrst du hier um.

  • Spreche ehrlich gemeinte Komplimente und Lob direkt und ohne Zögern aus.
  • Zeige aufrichtiges Interesse an den Themen und Problemen deines Gegenübers.
  • Wenn jemand anderes positiv über eine andere Person spricht, gehe hin und erzähle es ihr – Überbringer guter Nachrichten sind gern gesehene Gäste.
  • Wenn du eine andere Person vorstellst, erwähne ihre Leidenschaften und Talente – „Darf ich vorstellen: Maria Maier. Maria ist deutsche Meisterin in Sport X / Maria arbeitet im Vertrieb und hat für ihre Firma Millionenumsätze generiert.“

Hinweis 4: So fühlt sich jeder bei dir wohl

Wir Menschen fühlen uns bei anderen Menschen wohl, die uns ähnlich sind – in Haltung, Sprache und Werten. Hier können wir die Spiegeltechnik anwenden. Dabei beobachten wir die verbale und nonverbale Kommunikation unserers Gegenübers und ahmen sie subtil nach.

Angenommen, dein Kunde ruft dich an und ist verärgert, weil er von dir eine doppelt so hohe Rechnung bekommen hat, wie erwartet. Anstatt ihn zu beschwichtigen oder Gegenargumente zu liefern, spiegelst du seine Emotion: „Das darf ja nicht wahr sein – so etwas ist wirklich ärgerlich!“ Dadurch durchbrichst du das Verhaltensmuster, das dein Kunde von dir erwartet, und stellst dich automatisch auf seine Seite. Schließlich seid ihr jetzt beide verärgert über die Rechnung – und arbeitet gemeinsam an einer Lösung.

  • Kopiere die Wortwahl deines Gegenübers.
  • Achte auf die Körpersprache deines Gegenübers und imitiere sie, wenn er oder sie dir grundsätzlich freundlich gesinnt ist (Körperhaltung, Atemfrequenz, Stimme, Stimmung, Blickkontakt).
  • In welcher „Realität“ lebt dein Gegenüber? Ist deine Zielperson zum Beispiel Bauleiter, dann verwende bildhafte Sprache wie: „Dieses Projekt steht auf einem starken Fundament.“

Die Spiegeltechnik ist eine sehr wertvolle Methode – mehr dazu findest du hier.

Kommen wir nun zu deinen Augen – ebenfalls ein mächtiges Werkzeug. Stell dir vor, du gehst in der Stadt spazieren; Menschen kreuzen deinen Weg, und plötzlich erblickst du jemanden, der dir direkt in die Augen schaut. Ganz automatisch erwiderst du den Blickkontakt für mehrere Sekunden – das ist ein eindeutiges gegenseitiges Interessenssignal.

Beobachte andere Menschen: Je öfter und länger dir jemand in die Augen schaut, desto größer ist ihr Interesse an dir. Du kannst dann den Blickkontakt allmählich intensivieren, um den positiven Effekt zu verstärken. Wenn du wegschauen musst, dann nur widerstrebend. Aber Vorsicht: Der Effekt kann nach hinten losgehen, wenn die Person deiner Wahl noch zu unsicher oder negativ dir gegenüber eingestellt ist – dann wirkt intensiver Blickkontakt schnell bedrohlich oder aufdringlich.

Es gibt hier einen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Frauen können den Blickkontakt zu Frauen und Männern deutlich länger halten, sobald sie positive Signale empfangen. Männer hingegen sollten etwas vorsichtiger sein: Wenn ihnen eine Frau positive Interessenssignale sendet, dürfen sie den Blickkontakt ebenfalls intensivieren. Ist die andere Person jedoch ein Mann, sollte der Blickkontakt regelmäßig unterbrochen werden, um nicht zu dominant zu wirken.

Ich empfehle, das Spiel mit dem Blickkontakt etwas zu üben – Afterwork-Partys außerhalb des eigenen Unternehmens eignen sich dafür wunderbar.

Hinweis 5: So beginnst du ein Gespräch und lernst Menschen kennen

Ok, du hast dich in eine Umgebung begeben, in der deine Zielperson anwesend ist – aber ihr kennt euch noch nicht. Wie änderst du das? Die einfachste Methode ist, den Gastgeber oder einen Mittelsmann zu bitten, dich vorzustellen. Ist das nicht möglich, informiere dich über das aktuelle Gesprächsthema (arbeitet deine Zielperson in einer anderen Branche, dann lerne vorher etwas Fachvokabular) und steige zum passenden Zeitpunkt – warte nicht zu lange – ins Gespräch ein. Geht das auch nicht, hab keine Scheu und sprich deine Zielperson direkt an, auch wenn sie in einer Gruppe ist.

Mit gerader, ruhiger Körperhaltung, offenen Handflächen und freundlicher Mimik – aber zunächst ohne Lächeln – begrüßt du sie. Was du sagst, ist weniger wichtig als wie du es sagst: Schau ihr drei Sekunden in die Augen und schenke ihr dann ein exklusives Lächeln. Beobachte während des Gesprächs die nonverbale Kommunikation (nonverbal > verbal). Geht dein Gegenüber auf Distanz, z. B. durch ausweichenden Blickkontakt, starre Haltung und einen Schritt zurück, mach es genauso und entziehst deinem Gegenüber deine Aufmerksamkeit und Interesse. Zeigt diese innerhalb der Konversation wieder mehr Offenheit und positive Signale, kannst du auch wieder mehr Investieren.

Wenn du merkst, dass keine positiven Signale kommen, beende das Gespräch höflich und versuche es bei passenderer Gelegenheit erneut – vielleicht war dein Gegenüber einfach müde oder gestresst.

Öfters jedoch ist diese Person schlicht nicht dein richtiger Kunde, Geschäftspartner/in, Freund/in oder Date – dann lass sie ziehen und wende dich anderen spannenden Kontakten zu.

Ok, ich bin drinnen. Was sage ich jetzt?

  • Stelle offene Fragen „Mit was verbringst du den Großteil deiner Zeit? Ich würde gern verstehen, was dich dazu bewegt hat? Wie hast du dich dabei gefühlt?“ – dadurch gibst du deinem Gegenüber die Möglichkeit sich zu öffenen und mehr von sich zu erzählen
  • Male Bilder und der andere darf diese Bestätigen oder korrigieren -> Mache Beobachtungen, treffe positive Annahmen über dein Gegenüber und spreche diese laut aus:
    • „Deine Schuhe schauen so aus als ob Ihr schon einige Kilometer miteinander verbracht habt“
    • „Du machst du Eindruck also ob du heute einige Zeit investiert hast um das richtige Outfit zu finden“
  • Der eigene Name ist das schönste Wort im Wortschatz deiner Zielperson (aber übertreibs nicht)
  • Jeder Mensch hat ein Lieblingsthema – finde es und beise dich wie ein Bullterrier daran fest
  • Wenn du Antwortest hänge immer zusätzliche Informationen mit dran – „Wo wohnst du? Ich wohne in München – die Stadt mit den meisten Biergärten der Welt!“
  • Wenn du das Gespräch kontrollieren willst endet jeder Satz von dir mit einem ?
  • Lasse hauptsächlich den anderen sprechen, am besten über sein Lieblingsthema
  • Du weißt nicht was du sagen sollst – dann hilft nachplappern. Wiederhole einfach die letzte Aussage deines Gegenübers – probiers aus.
  • Bleibe solange wie möglich im Ausstausch mit deinem Gegenüber – Vertrauen entsteht wenn Menschen Zeit miteinander verbringen
  • Bewege dich kommunikativ außerhalb deiner Komfortzone

Beim Small-Talk geht es nicht darum das sich andere für dich interessieren. Nein, es geht darum das du ehrliches Interesse zeigst und dafür sorgst das dein Gegenüber sich wichtig, verstanden und gesehen fühlt.

Müsst Ihr eure Konversation beenden kannst du Kontaktdaten ausstauschen und wenn du willst deinen neuen Kontakt einige Tage später zum Mittagessen mit anderen Geschäftspartnern einladen oder wenn es sich um einen potentiellen Kunden handelt, ein Angebotsgespräch vereinbaren (mach das nicht auf der Party, außer du wirst gefragt).

Hinweis 6: Fordere andere zum Wettbewerb heraus

Angenommen, du bist Fitnesscoach und möchtest einen neuen Kunden für dein Programm gewinnen. Dann fordere ihn zum Wettbewerb heraus und appelliere an seinen Ehrgeiz: „Ich möchte in meinem Programm nur Menschen trainieren, die sich zu 100 % committen und das Beste aus sich und ihrem Körper herausholen wollen – bist du sicher, dass du dazugehören willst?“

Während des Programms solltest du bei jedem Erfolg – auch bei kleinen Fortschritten – Anerkennung und großzügiges Lob aussprechen. Macht der Kunde Fehler, ermutige ihn, sie leicht zu verbessern.

Hinweis 7: Mach deinem Gegenüber den eigenen Vorteil klar

Wenn du eine Person zu einer bestimmten Handlung bewegen willst, mach ihr den eigenen Vorteil deutlich. Menschen handeln in der Regel, um Bedürfnisse zu erfüllen. Wenn bereits Vertrauen besteht, kannst du Vorschläge machen – und oft wird dein Gegenüber darauf eingehen, weil es vertraut, dass dadurch beispielsweise das Bedürfnis nach Anerkennung oder Zugehörigkeit erfüllt wird.

Wenn diese Vertrauensbasis fehlt musst du deiner Zielperson Ihren eigenen Vorteil durch eine bestimmte Handlung aufzeigen. Stelle dabei lieber Fragen, anstatt direkte Anweisungen zu geben. Angenommen du bist Führungskraft und möchtest deinen Mitarbeiter zu einer bestimmten Handlung bewegen: „Unser Ziel ist, den Umsatz dieses Jahr um 25 % zu steigern, damit wir Gehaltserhöhungen für alle ermöglichen können. Welche Ansätze würdest du wählen, um dieses Ziel zu erreichen?“

Mit dieser Herangehensweise lässt du dein Gegenüber glauben, es sei seine eigene Idee – und sorgst dafür, dass es sich wichtig fühlt.

Vielen Dank, lieber Leser, dass du bis hierhin gelesen hast. Ich hoffe, ich konnte dir einige Gedankenanstöße mitgeben. Es gibt noch so viel mehr zu erzählen und zu lernen aus der Welt der Kommunikation – und ich werde weiter dranbleiben und üben. Ich hoffe, du auch.

Wenn du noch Kommunikationsanfänger bist und besser werden willst, suche dir neue Umgebungen mit vielen Menschen und probiere die Techniken aktiv aus. Mach dir nichts daraus, wenn plötzlich Situationen entstehen, in denen du nicht weiterweißt oder dich unwohl fühlst – das ist Teil des Lernprozesses und passiert mir selbst beinahe täglich. Das Schöne ist: Du kannst jedes Gespräch jederzeit verlassen und ein neues beginnen – schließlich gibt es über sieben Milliarden mögliche Gesprächspartner.

Ich freue mich auf unser nächstes (oder vielleicht erstes) Gespräch!

Der Beitrag beruht größtenteils auf Erfahrungen, die ich dieses Jahr machen durfte, sowie auf den Büchern How to Win Friends and Influence People und How to Talk to Anyone.